2. Ring- und Trimmseminar mit Astrid und Ralf Koch am 29. und 30. September 2007
 

 

Das kleine Wunder von Bergisch Land
Oder: Ausstellen kann erlernt werden
(Ein Bericht von Volker Stennei)

Samstag Morgen im Bergischen Land: Unaufhörlich prasselt der Regen herab. 60 Liter pro Quadratmeter sind es in der Nacht bereits gewesen, so viel wie sonst in einem kompletten September. Und ein Ende scheint nicht in Sicht. Nicht gerade die besten Voraussetzungen für ein gemütliches Ring-Training, zu dem an diesem Wochenende die Retrieverfreunde Bergisch Land eingeladen haben.

Fast 30 Teilnehmer sind wild entschlossen, sich von den Unbilden des Wetters die gute Laube nicht verderben zu lassen. Frohes Mutes stellen sie erleichtert bei der Ankunft fest, dass eine Scheune Schutz vor dem Schlimmsten bieten wird. Gemütlich ist aber freilich was anderes, schaut eine Teilnehmerin fast beschwörend in die Wolken. Doch der wohlige Duft von frischem Kaffee und kräftigem Tee lässt schnell Gutes erahnen, während Seminarleiter Ralf Koch mühsam versucht, gegen das Trommelfeuer, das der Regen auf dem Scheunendach verursacht, mit seiner wahrlich nicht leisen Stimme anzukommen.

Zwei Tage lang wollen die Gespanne lernen, wie sie sich Erfolg versprechend präsentieren können, aber auch erkennen, welche Stärken und Schwächen ihren Retriever durchs Leben begleiten werden. Fachkundig und unterhaltsam zugleich vermittelt der erfahrene Richter erst einmal den Standard der Retriever-Rassen, während Hund und Besitzer sich langsam mit der aufsteigenden Feuchtigkeit arrangieren.

Nur eine hat längst „Betriebstemperatur“ erreicht: Die Finger der rechten Hand von Astrid Koch sind an diesem Wochenende mit den Trimmscheren unzertrennbar verbunden. Eigentlich müsste das Programm „Waschen, Schneiden, Fönen“ lauten, denn natürlich haben sich die Hunde vorher noch auf dem Acker gelöst und so für das besondere Samstags-Outfit gesorgt. Doch kaum ist der schlimmste Dreck aus dem Fell gebürstet, geht es an die Konturen. Astrid Koch wird an diesem Wochenende nicht müde, immer wieder zu erklären, wo geschnitten werden darf und wo nicht. Mindestens ein Kopfkissen voll, vermutlich sogar mehr, an Fell liegen am Ende des Seminars sorgfältig in der Ecke zusammengekehrt – und mancher Besitzer traut seinen Augen nicht mehr, wenn seine Schönheit vom Trimmtisch herunterkommt. Plötzlich wirkt die Vorbrust, sind die Katzenpfoten betont und haben Ohren Konturen erhalten.

Konturen möchte auch Ehemann Ralf in das Erscheinungsbild der Hunde bringen. Also, nachdem in der Theorie doch alles klar war und einfach klang, darf jeder seinen Hund den anderen präsentieren. Lebhaft geht es von diesem Moment an in der Mitte der Scheune zu. Irgendwie muss der Seminarleiter verschwiegen haben, dass es doch gar nicht gehen kann, mit nur zwei menschlichen Händen vier Pfoten, einen Kopf und zu guter letzt auch noch eine Rute in Harmonie zu präsentieren. Also vorne Leckerchen rein, und dann schnell die Pfoten packen. Aber irgendwie erinnert das mehr an einen Ringkampf im Freistil als an eine harmonische Präsentation. „ Also, dass Dein Hund Temperament hat und Leckerchen liebt, haben wir nun alle gesehen “, schmunzelt Koch und erlöst den mit Schweißperlen auf der Stirn ausgestatteten Besitzer. „ Aber ich verspreche Euch, wenn wir morgen Nachmittag fertig sind, gebt Ihr alle ein ganz anderes Bild ab.“ Ungläubige Blicke sind ihm sicher. „ Es soll ja auch aufhören zu regnen “, brummelt eine Teilnehmerin, nicht wirklich überzeugt, ob Ralf Koch wohl auch halten kann, was er da gerade so locker versprochen hat.

Rettung aus der misslichen Situation kündigt sich in Form neuer, wohliger Gerüche an: Die Hitze am Grill stimmt, Steaks, Bratwürstchen, dazu gute Salate bringen in den nächsten Minuten die Teilnehmer auf andere Gedanken und auch langsam einander näher. „Ich bin ja mal gespannt, ob das was wird“, lacht eine Teilnehmerin. Und schon entbrennt die Diskussion – jeder hat bei jedem etwas gesehen, die ersten Tipps machen die Runde. Die Essgeschwindigkeit bei den Teilnehmern ist enorm, denn dann wird – fast heimlich – schon einmal das Stellen geübt.

Koch fängt den Ball auf: Weiter geht es, zweiter Durchgang. Er übernimmt viele Hunde kurz, vollbringt die wie ein Wunder wirkende ruhige Präsentation des Vierbeiners, sprudelt nur so vor Tipps, macht unaufhörlich Mut – und wird plötzlich ernst: „Richtiges Ausstellen ist keine Selbstverständlichkeit, sondern Ergebnis ständigen Trainings“, schärft er den Teilnehmern ein. „Wer auf einer Ausstellung wirklich Erfolg haben möchte, muss jede Woche dafür üben.“ Es reicht eben nicht aus, „mal eben“ Sonntags um 6 Uhr aufzustehen, ein paar hundert Kilometer zu fahren und mit seinem Tier in den Ring zu stolpern. Jetzt ist der Moment gekommen, dass Koch die Trickkiste öffnet: Wann wird ein Hund besser aufgestellt, wann besser frei präsentiert. Koch demonstriert es an lebenden Beispielen, während Andreas Düster von den Retrieverfreunden Bergisch Land die Lacher auf seiner Seite hat. Sein gekonnt ausgesprochenes „Urrrrrrrmelieeee“ sorgt bei wirklich jedem frei gestellten Hund dafür, dass am Ende des Körpers nicht etwas schlaff herunterhängt, sondern freudig wedelt. Lautgeber ist er aber nur ganz nebenbei. Mit Ehefrau Anke hat er auch dieses Seminar organisiert, lässt gerade den Kuchen für die Kaffeepause vorbereiten und brüht unablässig frischen Kaffee. Die Retrieverfreunde Bergisch Land präsentieren sich an diesen zwei Tagen einmal mehr nicht nur als gekonnte Veranstalter, sondern auch perfekte Gastgeber.

Doch bevor es richtig gemütlich wird, schickt Ralf Koch alle in den Regen. Lauftraining ist angesagt. Dreieck Laufen, die richtige Geschwindigkeit für seinen Hund entdecken, dafür sorgen, dass der Junghund die Leine zwar klasse findet, aber doch nicht als Spielzeug missversteht – auch draußen geht es munter zur Sache. Die Frisur sitzt längst nicht mehr, deshalb hat Koch auch irgendwann ein Einsehen und macht Schluss. Aber nur für den ersten Tag, und auch erst, nachdem er noch einmal jeden einzelnen Hund gestellt gesehen hat.

Hundefreunde lieben frühes Aufstehen, sagt man ihnen zumindest nach. Und so geht es am Sonntag in aller Frühe weiter. Kaum schmeckt die erste Tasse Kaffee will der Richter schon wieder fröhliche Hunde sehen, die sich plötzlich irgendwie anfangen zu schauen. Sollte Koch den Mund doch nicht zu voll genommen haben und am Ende die Hunde wirklich auszustellen sein? Die Spannung wächst langsam an, zumal Ralf Koch jetzt auch das Tempo anzieht. Schließlich soll in wenigen Stunden eine Pfostenschau starten, der Ring ist längst mit Flatterband abgesteckt. „Kommt bitte nicht im Trainingsanzug zu einer Ausstellung und achtet darauf, nicht Ton in Ton mit Eurem Hund in den Ring zu gehen. Er wirkt besser, wenn Eure Kleidung einen Kontrast zur Fellfarbe bildet.“ Ohne Unterlass pumpt Koch die Teilnehmer mit Wissen voll, während für einen kurzen Moment die nicht mehr für existent gehaltene Sonne zwischen den Wolken zu sehen ist.

Und da nimmt das „Wunder“ seinen Lauf: Jeder, wirklich jeder, der fast 30 Hunde präsentiert sich ruhig vorm Richtertisch. Sogar zumeist auch der jeweilige Besitzer dazu. Zwar gehen noch Unmengen an Leckerlis drauf, während Ralf Koch die Bewertung diktiert. Aber aus den Zappelphilippen von gestern sind sich fröhlich präsentierende Hunde von heute geworden. Und irgendwie passt dazu, dass die Sonne immer häufiger zwischen den Wolken hervorlugt. Am Ende gibt es Platzierungen, Beifall und ungläubige Blicke. „Also das hätte ich nun wirklich nicht gedacht“, lacht die Teilnehmerin, die am ersten Tag noch gebrummelt hatte, dass es ja auch mal aufhören könnte zu regnen.

Die Stimmung ist längst freudig, harmonisch war sie vom ersten Moment an. Den Teilnehmer bleibt noch Danke zu sagen an Astrid und Ralf Koch, die unterhaltsam und kompetent das Seminar geleitet haben, und den Retrieverfreunden Bergisch Land um Anke und Andreas Düster. „Es war einfach nur toll“, lächelt eine glückliche Teilnehmerin, als sie ihren Goldie ins Auto hebt und davon fährt - bei strahlendem Sonnenschein. Und irgendwie wirkt es, als scheine nicht nur die Sonne am Himmel….

Bildergalerie (Steph)

Bildergalerien 1 und 2 (Anke)

 
 
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